Pressemitteilung zur Versendung sogenannter »Gefährderanschreiben« der Leipziger Polizei im Vorfeld der Euro 24

Pressemitteilung zur Versendung sogenannter »Gefährderanschreiben«
der Leipziger Polizei im Vorfeld der Euro 24

• Fanhilfe kritisiert die pauschale Stigmatisierung von Fußballfans
• Unzähligen Fans wird in offiziellem Schreiben unterstellt, sie seien
Straftäter:innen
• Mehrere Klagen gegen Polizeidirektion Leipzig, um die Rechtswidrigkeit
der Schreiben feststellen zu lassen

In den vergangen Tagen hat die Polizeidirektion Leipzig landesweit unzählige Schreiben an
Fußballfans u.a. der BSG Chemie Leipzig verschickt, in denen sie anlässlich der Fußball-
Europameisterschaft im Sommer unterstellt, die angeschriebenen Personen würden ein
»rechtswidriges Verhalten« während des Turniers planen. Die sogenannten Gefährderanschreiben
sind seit vielen Jahren ein vermeintlich präventives Mittel, um potentiellen Störer:innen bei
Großveranstaltungen zu signalisieren, dass die Exekutivbehörden sie ganz genau »auf dem Kieker
haben«. In der Regel besitzen sie kaum Mehrwert, die »Trefferquote« ist in Fachkreisen höchst
umstritten. In den Schreiben heißt es u.a. recht martialisch: »… Sie werden aufgrund ihres
strafrechtlich relevanten Verhaltens im Zusammenhang mit vergleichbaren Veranstaltungen der
gewalttätigen Fußballszene zugerechnet.«

Die Daten-Grundlage der Gefährderanschreiben ist zumeist die bundesweite »Gewalttäter Sport-
Datei«. Hier werden seit vielen Jahren Menschen zusammengetragen, die in irgendeiner Art und
Weise im Rahmen eines Fußballspiels »auffällig« geworden sind. Unterschieden wird dabei kaum:
Wildpinkler geraten ebenso in die Datenbank, wie Menschen, die im Zuge einer
Identitätsfeststellung ihre Personalien vorzeigen mussten oder bei kaltem Wetter ihren Fanschal
zu tief ins Gesicht gezogen haben. Entscheidend ist weder eine rechtskräftige Verurteilung oder
eine profunde Einschätzung der Behörden – es reicht in vielen Fällen allein die subjektive
Beurteilung einiger Polizeibeamter.

Für Miriam Feldmann vom Rechtshilfekollektiv der BSG Chemie Leipzig ist klar: »Dass hier teils
völlig unbescholtene und nicht vorbestrafte Fans durch die Polizei eingeschüchtert und als
potentielle Straftäter:innen markiert werden, ist für uns ein erheblicher Eingriff in die
Persönlichkeitsrechte und entbehrt außerdem jedweder Verhältnismäßigkeit. Als Fanhilfe
unterstützen wir alle Betroffenen, um sich gegen die Stigmatisierung der Leipziger
Polizeidirektion juristisch zu wehren.«

Mit ihren Gefährderansprachen bringt die Polizei zum Ausdruck, dass sie die Betroffenen für
potentielle Rechtsbrecher hält. Sie agiert dabei systematisch, pauschal, populistisch und zumeist
ohne wirkliche Kenntnisse über Fanszenen und »echte Gefahren«. Mindestens drei Klagen von
Chemiefans
beim Verwaltungsgericht Leipzig sind daher bereits von Rechtsanwälten auf den Weg
gebracht.

Rechtshilfekollektiv Chemie Leipzig, 2. Juni 2024

Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Mail: kontakt@rechtshilfe-chemie.de

Die Pressemitteilung ist HIER als PDF downloadbar

Das Rechtshilfekollektiv/RHK ist die Fanhilfe der Fanszene von Chemie Leipzig und im bundesweiten Dachverband
Fanhilfen e.V. assoziiert. Wir sind Teil einer übergreifenden Solidargemeinschaft zur Unterstützung von Fans der BSG,
die aufgrund von Ereignissen rund um die Spiele unseres Vereins Probleme mit der Polizei oder Justiz bekommen
haben.