Pressemitteilung des Rechtshilfekollektiv Chemie Leipzig e.V. zu den Anzeigen gegen das LKA Sachsen und den Vorwürfen der unerlaubten Weitergabe von Ermittlungsakten

  • Ermittlungsdesaster auf neuer Stufe – Generalstaatsanwalt untersucht Vorgänge beim LKA
  • Falsche Verdächtigungen und mutmaßliche Weitergabe von Ermittlungsakten an Dritte
  • Fanhilfe fordert Einstellung der Ermittlungen gegen Chemiefans und Auflösung der Sonderkommission

Ende April fanden im Zuge von Ermittlungen des Landeskriminalamtes Sachsen und der Leipziger Staatsanwaltschaft mehrere Hausdurchsuchungen gegen Fans der BSG Chemie Leipzig statt. Hintergrund soll laut Staatsanwaltschaft der Straftatbestand des Landfriedensbruch im Zuge einer mutmaßlichen Auseinandersetzung mit Fans des Leipziger Lokalrivalen im September 2019 in Neukieritzsch gewesen sein. Das Verfahren war eigentlich schon lange eingestellt, wurde aber durch das LKA wieder ausgegraben.

Seitdem passieren merkwürdige Dinge. Gegen einen der Betroffenen findet eine mediale Kampagne statt, die offensichtlich die Zerstörung der privaten und beruflichen Existenz des Chemiefans zum Ziel hat. Seit den Hausdurchsuchungen werden – entweder durch ein Leck bei den ErmittlerInnen oder ganz gezielt und kalkuliert durch die Sonderkommission selbst – persönliche Informationen, Ermittlungsakten und Dokumente an die Öffentlichkeit »durchgestochen«. Informationen, die nur im Zuge der Durchsuchung gewonnen werden konnten. Dabei handelt es sich u.a. um Aktenbestandteile aus mehreren eingestellten Ermittlungsverfahren sowie weitere juristische Papiere. Besonders dramatisch ist, dass die Dokumente in regelmäßigen Abständen einem neurechten, vom Verfassungsschutz beobachteten Monatsmagazin und weiteren Personen, die offensichtlich zur regionalen Neonaziszene gehören zur Verfügung gestellt wurden.

Bereits zwischen 2013 und 2018 ermittelten Teile eben dieser heutigen Sonderkommission in zwei gigantischen Vorgängen gegen Fans der BSG wegen der Bildung einer Kriminellen Vereinigung nach §129 StGB. Alle Verfahren gegen mehr als 30 Beschuldigte, u.a. Fans, Vereinsmitarbeiter und Sozialarbeiter wurden eingestellt. Damals gingen die Verfahren als »Überwachungsskandal« in die Geschichtsbücher der Behörde ein. Kritisiert wurden neben den absurden Ermittlungsansätzen vor allem die aus dem Ruder gelaufene minutiöse Überwachung von hunderten Menschen, darunter viele BerufsgeheimnisträgerInnen. Bis heute sind die Vorgänge Gegenstand von juristischen Auseinandersetzungen. Mehrere Betroffene klagen gegenwärtig wegen der Grundrechtseingriffe gegen die Verantwortlichen.

Miriam Feldmann vom Rechtshilfekollektiv zum aktuellen Fall: »Dass die ErmittlerInnen des LKA offenbar eine Standleitung zur rechten Szene zu haben scheinen und diese quasi offen kommunizieren, ist für uns eine unfassbare Grenzüberschreitung. Hier werden nicht nur taktische Graubereiche ausgelotet, hier werden offensichtlich Straftaten durch Exekutivbehörden begangen.«

Dies scheinen auch der Rechtsanwalt des betroffen Fans und sein Arbeitgeber, die Stadt Leipzig, so zusehen. Beide haben Anzeige bei der Leipziger Staatsanwaltschaft bzw. der Generalstaatsanwaltschaft Dresden gestellt. Unter anderem wegen Geheimnisverrats. Auch eine Anzeige wegen der Verfolgung Unschuldiger nach § 344 StGB, u.a. gegen die Szenekundigen Beamten der Leipziger Polizeidirektion steht im Raum: die hatten mit einer vagen und nicht verifizierten Identifizierung des Chemie-Fans die Ermittlung erst ins Rollen gebracht.

»Wir wissen nicht genau, welches Spiel das LKA hier spielt. Weder erschließt sich uns die konstruierte politische Aufladung der Ermittlung, noch das eingesetzte schwere Geschütz. Wenn das LKA hier wirklich sensible Daten vom Handy oder Computer des Chemie-Fans weitergegeben hat, die Ermittlungen manipuliert und die öffentliche Berichterstattung beeinflusst, dann gehört die Sonderkommission aufgelöst, dann muss es polizei-interne Konsequenzen geben«, so Miriam Feldmann weiter.

So oder so ist der Ermittlungsansatz des LKA für uns als Fanhilfe diskreditiert. Eine hohe Polizeibehörde, die dermaßen unkontrolliert unter der fachlichen Aufsicht der Staatsanwaltschaft schalten und walten kann, deren Mittel und Methoden nicht mal für die Drehbücher der schlechtesten »Tatorts« reichen würden und die schlicht und einfach bewusst rechtswidrig agiert, sollte mit den Konsequenzen ihres Handelns konfrontiert werden.

Weiterführende Informationen:

 

Hier ist die aktuelle Pressemitteilung nochmal als PDF ansehbar:  PM_ Rechtshilfekollektiv Chemie Leipzig_LKA

Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Mail: kontakt@rechtshilfe-chemie.de oder telefonisch: 01573-2927517 (Miriam Feldmann)

Das Rechtshilfekollektiv/RHK ist die Fanhilfe der Fanszene von Chemie Leipzig und im bundesweiten Dachverband Fanhilfen e.V. assoziiert. Wir sind Teil einer übergreifenden Solidargemeinschaft zur Unterstützung von Fans der BSG, die aufgrund von Ereignissen rund um die Spiele unseres Vereins Probleme mit der Polizei oder Justiz bekommen haben.